Dr. Heidemarie Ertle
Leitung
Wirtschaftsarchiv
Das Stadtarchiv der Stadt St. Ingbert hat die Aufgabe, Dokumente zur Geschichte der Stadt zu bewahren und zugänglich zu machen. In erster Linie übernimmt das Stadtarchiv das Schriftgut der Stadtverwaltung. Unsere Schätze gehen aber weit darüber hinaus.
Wir, das Team des Stadtarchivs St. Ingbert begrüßen Sie herzlich auf unserer Internetseite.
Sie möchten gerne mehr erfahren über die Geschichte St. Ingberts, oder das geschichtliche Umfeld der Stadt? Dann stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Sie forschen über die Historie Ihrer Familie in St. Ingbert? Unser Archiv kennt sie alle! – Na ja, fast …
Ganz nebenbei: Geschichte besteht nicht nur aus Grautönen, sondern kann so richtig bunt sein. Und oft fehlt nur ein kleines Puzzleteil, um ein wunderbares Gesamtbild entstehen zu lassen.
Vereinbaren Sie einen Termin im Archiv, besuchen Sie unsere Veranstaltungen – wir freuen uns auf Sie!
Das Stadtarchiv hat die Aufgabe, Dokumente zur Geschichte der Stadt zu bewahren und zugänglich zu machen. In erster Linie übernimmt das Stadtarchiv das Schriftgut der Stadtverwaltung. Unsere Schätze gehen aber weit darüber hinaus.
In unseren Beständen befinden sich Nachlässe prominenter St. Ingberter und persönliche Schätze, die Bürgerinnen und Bürger der Stadtdem Stadtarchiv anvertraut haben. Das Archiv verfügt über Sammlungen von Zeitungen, Fotos, Filmen und Plakaten. Wir übernehmen, erhalten und erschließen das Archivgut und stellen Ihnen dieses zur Nutzung zur Verfügung.
Das können Sie recherchieren: Wenn Sie sich für Themen der Stadtgeschichte interessieren, Familienforschung betreiben, ein Forschungsinteresse verfolgen oder einfach nur einen Auszug aus dem Standesamtsregister benötigen, vereinbaren Sie einen Termin – wir unterstützen Sie gerne!
Vor Ort können Sie auf das Suchprogramm AUGIAS zugreifen, in unseren Findbüchern nachschlagen oder unsere Präsenzbibliothek nutzen.
Im Archiv finden Sie:
Darüber hinaus verfügt das das Archiv über eine umfangreiche Sammlung von:
Unsere Archivbibliothek steht den Archivnutzern als Präsenzbibliothek vor Ort zur Verfügung.
Mit Ausnahme des Montags sind wir an jedem Werktag für Sie da.
Montags bleibt das Archiv für den Publikumsverkehr geschlossen. Diesen Tag reservieren aber gerne auch exklusiv für Sie, damit Sie möglichst ungestört die gewünschten Archivalien studieren können.
Für Ihren persönlichen Gebrauch dürfen Sie Dokumente fotografieren. Für die Erstellung von Fotokopien erheben wir Gebühren.
STANDARD-LEISTUNGEN
INDIVIDUELLE LEISTUNGEN
Coole Frau aus den Zwanzigern
Von Peter Klaus
Emanzipierte und toughe Frauen gibt es natürlich nicht erst seit dem 21. Jahrhundert. Denn wer kennt etwa nicht die quirligen, selbstbewussten Mädels aus dem Berlin der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts? Aber man muss nicht in jene Glitzermetropole an der Spree hinüberblicken, um solche coole Damen zu entdecken. Nein, es reicht ein Blick zum Würzbach! Präziser gesagt: nach Oberwürzbach. Dort wurde nämlich im Mai 1908 „es Linze Marie“ geboren. „Linze Marie“, das Oberwürzbacher Original, das eigentlich Maria Schmitt hieß, tat etwas, was für die heutige Zeit banalster Alltag ist, aber für die damalige Zeit – zumal auf dem Dorf – für eine Frau als komplett unschicklich galt: sie fuhr Fahrrad!
Wie sehr eine solche Ungeheuerlichkeit Dorfgemeinschaft und Zeitgeist störte, dokumentiert Franz Rebmann vom Heimatverein Oberwürzbach, der 1999 ein Interview mit der Einundneunzigjährigen führte: „es Linze Marie“ wurde als „Wildsau“ beschimpft. Beeindruckt hat sie dies offensichtlich nicht sonderlich, denn einige Jahre später braust sie als Siebzehnjährige mit dem Motorrad durch die Gegend. Und wie sie im Interview, durchaus nicht ohne Stolz, erzählt, hat sie gleich drei ihrer Maschinen geschrottet. Schlimmeres ist nicht passiert, sie hat wohl Schwein gehabt. Und diese Gattung Tier scheint ihr irgendwie treu geblieben zu sein. Denn ein Foto aus dem Jahr 1952 zeigt „es Linze Marie“ bei einem Spaziergang gemeinsam mit eben jenem Borstenvieh.
Und vielleicht ist gerade das für Maria Schmitt bezeichnend: während so manches Herrchen oder Frauchen im Wald mit „Bello“ oder „Waldi“ unterwegs sind, flaniert diese Frau mit Schweinchen „Lieselche“ ganz cool durch die Felder.
Kirchturmhahn unter Beschuss
Von Peter Klaus
Angenommen, wirklich nur einmal angenommen, neben Kirchturmhähnen gäbe es auch Kirchturmhühner. Schwer zu sagen, ob diese sich dann ebenso um jenen Hahn tummeln würden, wie üblicherweise, nur eben ein bisschen höher, eben auf dem Kirchturmdach. Auf alle Fälle würden sie sich schief lachen beim Anblick des blechernen Federviehs, das einst das Dach der St. Ingberter Friedhofskapelle so stolz und würdevoll zierte. Denn der Kirchturmhahn war zur Zielscheibe für amerikanische Soldaten geworden, die Ende März 1945 in St. Ingbert einmarschiert waren. Sie nutzten den armen Kerl für ihre Schießübungen. Ob die Schießerei nun tatsächlich nach strengen, militärisch exakten Vorgaben erfolgte, oder doch viel eher den GIs als Zeitvertreib in grausamen und schweren Tagen diente, kann natürlich nur vermutet werden. Einmal mehr aber zeigt sich, wie sehr sich spielerisch Skurriles und schmerzlich Tragisches gerade in dunklen Zeiten begegnen. Und einmal mehr zeigt das Stadtarchiv St. Ingbert mit diesem Foto seine historische Bandbreite.
Von Peter Klaus
Martin-Luther-Kirche um 1865, Stadtarchiv St. Ingbert.
Glockenmontage 1921, Foto A. Grimm, Stadtarchiv St. Ingbert
„…und wir können froh sein, dass wir sie haben“. So sagt es Dr. Werner Sonn, langjähriger Pfarrer der Martin-Luther-Kirche. Er beschließt mit diesen Worten seinen Beitrag “Die Martin- Luther- Kirche im Wandel der Zeit“ aus dem Jahr 2009 in der Festschrift zur 150 – Jahrfeier des Gotteshauses. Sowohl Festschrift als auch Homepage der Gemeinde geben einen ausgezeichneten Einblick in Geschichte und Struktur dieser Kirche.
Parallel zur speziellen Geschichte der Kirche lässt sich mit ihr auch die Geschichte der St. Ingberter Protestanten im Allgemeinen recht gut verfolgen.
Solange St. Ingbert von der katholischen Von-der-Leyen-Herrschaft regiert wird, spielt der Protestantismus nahezu keine Rolle. Allerdings ändert sich dies mit der Industriealisierung der Stadt und der damit einhergehenden Erlaubnis auch nichtkatholische Arbeiter einzustellen. St. Ingberts Chronist Dr. Krämer schreibt:
„Im Jahr 1788 zog der Hüttenwerkspächter Philipp Heinrich Krämer aus Saarbrücken zu. Er war protestantisch und in den Hüttenverträgen wurde ihm gestattet, Arbeitsleute ohne Unterschied der Religion anzustellen. Nach und nach folgten auf diese Weise protestantische Hüttenbeamte und Arbeiter und Ende der 1820er Jahre nahm die Einwanderung protestantischer Glas-, Berg- und Hüttenarbeiter ständig zu.
Im Jahr 1837 machten die Protestanten etwa den 14. Teil der Bevölkerung aus. Ein Gesuch der Gemeinde St. Ingbert um Bewilligung eigener regelmäßiger Gottesdienste wurde lange nicht genehmigt (…).
Endlich verfügte das bayrische Staatsministerium am 22. Dezember 1844, dass durch den Pfarrer von Neuhäusel in einem eigenen Betsaal in St. Ingbert alle vier Wochen ein Predigtgottesdienst und alle Jahre zweimal das hl. Abendmahl gehalten werden solle.“
Im Jahr 1859 hatte die protestantische Gemeinde rund 1000 Mitglieder und am 8. September dieses Jahres wurde die neue, protestantische Kirche schließlich eingeweiht.
Der Baustil des Gotteshauses wird allgemein dem Historismus zugeordnet. Dr. Werner Sonn ergänzt hierzu aber, dass der damalige Architekt Ludwig Weyland „keinem bestimmten Stil, weder dem romanischen noch dem gotischen, gefolgt ist, sondern einem durchaus eigenen, modernen Formgefühl Ausdruck gegeben hat“.
Damit freilich passt das sakrale Gebäude zu seinem Namensgeber, dem bisweilen kantigen und nonkonformen Bergmannssohn und Reformator Martin Luther.
Bis die protestantische Kirche unter ihrem heutigen, längst bekannten Namen allerdings ins Bewusstsein rückte, sollten noch Jahrzehnte vergehen. Erst mit dem Entstehen eines zweiten protestantischen Gemeindehauses in der Wolfshohlstraße, der späteren Christuskirche, wurde auf Beschluss des Presbyteriums die Kirche in der Josefstaler Straße 1971 offiziell zur „Martin-Luther-Kirche“.
Wer Näheres zu dem Foto „um 1865“ weiß, kann sich gerne an das Stadtarchiv St. Ingbert wenden. Dort freut man sich über weitere Hinweise.
Von Peter Klaus
„Der einzige Gegenstand, welcher zur Berathung kam, war der Empfang Sr. Kgl. Hoheit des Prinzregenten“.So steht es am Dienstag, den 11. September 1888 geschrieben im „Amtlichen Organ des königl. Amtsgericht St. Ingbert“. Den etwas moderneren St. Inberterinnen und St. Ingbertern dürfte dieses Organ vermutlich besser bekannt sein unter dem etwas weniger glanzvollen Titel „St. Ingberter Anzeiger“. Beraten wird im „Stadthaus“ von St. Ingbert das große, bevorstehende Ereignis: der Besuch des Bayerischen Prinzregenten Luitpold am 24. September des gleichen Jahres.
Und es wird viel beraten und viel beschlossen, so steht es ein paar Zeilen weiter im „Anzeiger“. Und überhaupt stehen in jenen Septembertagen viele. Sie stehen zum Beispiel auf dem Perron, auf dem Perron des St. Ingberter Bahnhofs. Man könnte natürlich auch „Bahnsteig“ sagen, aber das klingt einfach nicht so festlich, königlich und wichtig. Also stehen zum Empfang, so der Beschluss: „Auf dem Perron rechts eine Ehrencompagnie von 200 Bergleuten, links eine solche von 100 Hüttenarbeitern vom Eisenwerk, beide mit Musik“ (St. Inberter Anzeiger).
Allzu oft in der Geschichte von Herrschaften und Hoheiten bleiben die Namen derer, die jene hochleben lassen und durch ihre Arbeit und Einsatz der geschätzten Prominenz ein festliches Willkommen bereiten ungenannt und unbekannt. Die Mühe und das Engagement des Individuums verlieren sich in der sprichwörtlich grauen Masse der Namenlosen und der ebenso sprichwörtliche Mantel der Geschichte verbirgt ihre Identität.
Nicht so in St. Ingbert! Zumindest einen der anwesenden Bergleute, die den Prinzregenten Luitpold, Onkel des sagenumwobenen Märchenkönigs Ludwig II. begrüßten, kann das Stadtarchiv St. Ingbert beim Namen nennen, den berühmten Mantel der Geschichte also lüften. Es handelt sich um den königlich bayerischen Grubensteiger Heinrich Kaiser (1848 – 1899) der Grube Schnappach, das damals zu St. Ingbert gehörte.
Zu verdanken hat das Archiv die Information der St. Ingberterin Heidi Dunker. Sie ist die Urenkelin von Heinrich Kaiser. Frau Dunker überließ der Stadt ein Originalfoto in Bergmannsuniform sowie ein Gemälde ihres Urgroßvaters und so kann man sich wahrhaft das Bild eines Steigers machen, der den großen Tag von 1888 miterlebte.
Die Überlassung ist darüber hinaus ein schönes Beispiel dafür, wie Bürger, Bürgerinnen und Stadtarchiv die St. Ingberter Geschichte gemeinsam erhalten und gestalten können, vielleicht ein shake hands unter friends.
Die Werkskapelle des Eisenwerkes 1888
Von Peter Klaus
Freilich, das Stadtarchiv verfügt über keine Tonträger, die belegen könnten, dass die Musik jener Schmelzer Werksband harten, kompromisslosen Rock in den staubigen und steinigen Hallen des St. Ingberter Unternehmens spielten. Und auch das Betrachten des Fotos belegt nicht wirklich zwingend, dass da echt schwere Jungs am Musizieren sind. Und dennoch, wer zu jener Zeit in jenem Werk arbeitet, muss einfach ein harter Bursche sein!
1888 wurde ein Hüttenverein aus der Taufe gehoben, dem die Werksangehörigen beitraten. Er war, wie der St. Ingberter Chronist Wolfgang Krämer berichtet „mehr ein Vergnügungs- und Unterhaltungsverein, der dafür sorgte, dass das nötige Geld zusammenkam, um gelegentlich den Arbeitern einen guten Tag zu machen mit Freibier und Freiwurst“.
Und eben dieser Hüttenverein gründete im gleichen Jahr die „Schmelzer Musik“, Werkskapelle des Eisenwerkes.
Der erste und auch einzige Kapellmeister war der Musiker Wilhelm Hampe, der auch als Kapellmeister des 2. Bayerischen Fußartillerie-Regiments bekannt war, das unter anderem in Metz stand. In kurzer Zeit bildete er aus der Arbeiterschaft eine respektable Kapelle, die noch im gleichen Herbst ihren großen Auftritt hatte: Prinzregent Luitpold von Bayern besuchte St. Ingbert und die Parademärsche wurden intoniert.
Kapellmeister Hampe war auch Komponist und so war etwa seine Ouvertüre „Die Husarenbraut“ ein häufig gehörtes Werk (s. Krämer).
Der Erste Weltkrieg läutete das Ende auch der „Schmelzer Musik“ ein, und wenn auch noch an und ab einige private Auftritte unter der Leitung von Chormitglied Jakob Holzhauser stattfanden, brachte der Zweite Weltkrieg das endgültige Aus.
Vielleicht finden sich noch einige Partituren jener Tage und jener Kapelle. Und vielleicht wird es dann zur Gewissheit: es war doch Heavy Metal –was sonst…
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