Veröffentlicht am 20. November 2025, 09.08 Uhr

Die Freiheit des Panthers

Thomas Kuhn (li.) und Stefan Schwarzmüller begeisterten das Publikum mit ihren unterhaltsamen Dialogen. (Foto: Jürgen Bost)

Bis auf den letzten Platz besetzt war das Trauzimmer im Kulturhaus Annastraße, als Thomas Kuhn und Stefan Schwarzmüller das bewegte Leben und literarische Schaffen Rainer Maria Rilkes souverän in Szene setzten. Sie waren im Rahmen einer Kooperation zwischen der KEB Saarpfalz und dem St. Ingberter Literaturforum (ILF) wegen der vorübergehenden Schließung der Stadtbücherei an diesen eher intimen Veranstaltungsort ausgewichen. Gertrud Fickinger und Jürgen Bost begrüßten in ihrer Vorrede die beiden schon mehrfach in der Stadtbücherei aufgetretenen literaturbegeisterten Gestalter des Abends.

Diese hatten ihr Programm so aufgebaut, dass Schwarzmüller als fiktiver Autor eines Rilke-Buches dem Verlagslektor Kuhn seine Würdigung des Weltliteraten zu präsentieren versuchte. Dank unterhaltsamer Dialoge und eingespielter subtiler Klavierbegleitung zog das Pfälzer Duo mit seiner szenischen Präsentation die immer wieder interaktiv eingebundene Zuhörerschaft in seinen Bann. Sie wollten Rilkes unsterbliche Verse sprechen lassen, wo sich Weisheit und Schönheit paaren, und das immer auf der Suche nach Liebe.

Der Abend begann mit dem berühmten Gedicht über den Panther im Pariser Jardin des Plantes, einer eindringlichen Metapher für Gefangenschaft und Isolation und den Verlust von Freiheit und Lebenskraft. Die facettenreiche Darstellung des verschlungenen Lebenswegs des Autors setzte besondere Akzente auf die rastlose Wanderschaft und intensive Wahrnehmung, die Rilkes Schreiben auszeichnet. Ein besonderes Schlaglicht fiel dabei auf seine enge Beziehung zu Frankreich und sein ambivalentes Verhältnis zu den Frauen.

Rainer Maria Rilke gilt als führender Vertreter der literarischen Moderne und hinterließ unsterbliche Texte in Lyrik und Prosa, die immer noch Kalender und Lesebücher füllen. Das dem Autor so eigene tiefe Schauen hinter Dinge – Tiere, wie der Panther im Käfig und natürlich Menschen – wurde, so Kuhn, durch ein “inniges und gespanntes Zuhören” belohnt. Ein Best of der berühmtesten Texte aus seiner Feder rundete zum Ausklang den Abend ab.

Zum Abschluss der szenischen Lesung gab es noch eine gute Nachricht: Da viele Anmeldungen aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht berücksichtigt werden konnten, denken die Veranstalter an eine Wiederholung der Würdigung Rilkes im kommenden Jahr. Denn das Rilke-Festjahr erstreckt sich über die Jahreswende hinaus. Ging es im aktuellen Jahr um die Würdigung seines 150. Geburtstags, so kann 2026 seines 100. Todestages gedacht werden.

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