Grusellesung des Literaturforums – Tiefgründige Momente des Schreckens

Boris Koch (li.) und Carsten Schmitt ließen ihre Zuhörer auf geheimen Wegen durch das Land der Fantasy wandeln (Foto: Jürgen Bost).

Drei Autoren waren für diesen Abend angekündigt: Boris Koch aus Leipzig und der Saarländer Carsten Schmitt waren in der Tat zur Stelle und ließen ihre Zuhörer auf geheimen Wegen durch das Land der Fantasy wandeln. Kurzfristig absagen musste leider Tanja Karmann. Doch Carsten Schmitt, der mit ihr gemeinsam die Gruselzeitung “Totenschein” herausgibt, verlieh auch ihrem Schaffen eine Stimme, indem er zu Beginn der gut besuchten Veranstaltung ihren in der modischen Welt der sich selbst zum Kunstwerk erhebenden Influencerinnen spielenden Text “Einfach perfekt“ vortrug.

Im weiteren Verlauf agierten Boris Koch und Carsten Schmitt im munteren Wechselspiel und präsentierten Kurztexte und Romanauszüge, die die Menschlichkeit ihrer Figuren betonten und gleichzeitig immer wieder die Nähe von Grauen, Sozialkritik und auch Humor sichtbar werden ließen. So etwa Boris Kochs gelungene Variation zu Edgar Allen Poes “Pendel” unter dem Titel “Das Bett und das Schwert”, die die Verweigerung des Erwachsenwerdens thematisiert, oder Carsten Schmitts Horrorgeschichte “Das Mädchen mit den Wahrheitsblättern”, in der auf den Spuren H.C. Andersens eine obdachlose spindeldürre junge Zeitungsverkäuferin für überraschende Wendungen sorgt.

Von modernen apokalyptischen Reitern bis hin zu von Magersucht generierten Scheibenmenschen reichte die Palette der im weiteren Verlauf der Grusellesung angesprochenen Motive.

Das Auditorium war am Ende der Veranstaltung fraglos glücklich und zeigte sich vor allem vom klaren Realitätsbezug der von den Protagonisten des Abends präsentierten fiktionalen Welten beeindruckt. Der Einbruch des Unheimlichen in die vermeintlich so gesicherte Welt des Alltags wurde von den Autoren mit hoher literarischer Qualität gestaltet und ließ die Hörer irreale Situationen und märchenhaft gestaltete magische Momente intensiv erleben.

Zum Abschluss dieses literarischen Totentanzes dankte Jürgen Bost, der Sprecher des St. Ingberter Literaturforums (ILF), seinen Gästen und kündigte nach einem kurzen Rückblick über das mit dieser Soiree endende Lesungsjahr 2023 für die Zeit nach der Winterpause weitere abwechslungsreiche Autorenbegegnungen in der Stadtbücherei an.

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