„Eine Landschaft, die schmeckt“ – das Beweidungsprojekt der Naturlandstiftung im Rohrbachtal
Ein gellender Pfiff tönt über die Wiesen im Rohrbachtal. „Allez, komm!“, ruft Torsten Becker, Besitzer der Hochlandrinder, die hier grasen, und schon kommen sie angetrabt. Großköpfige Rinder mit strubbeligen Haaren. „Bärchen“, der wuchtigste von allen, ist der Zuchtbulle – 500 kg bringt er auf die Waage, allein sein Kopf wiegt 60 kg. Wenn so eine Herde auf einen zugerannt kommt, kann einem schon mulmig werden. Aber beim Anblick der leckeren Möhren sind sie alle zahm und freundlich.
Die Schottischen Highland-Rinder gehören zum Beweidungsprojekt im Rohrbachtal, einem von mehreren Projekten der Naturlandstiftung Saar (NLS), die im November 2021 ihr 45-jähriges Jubiläum feierte. Und das Projekt verzeichnet große Erfolge. „Naturschutz und Landwirtschaft schließen sich nicht aus, sondern unterstützen einander“, betont der saarländische Umweltminister und Vorsitzende der Naturlandstiftung, Reinhold Jost. „Ohne Beweidung durch die Rinder wäre diese Landschaft verwildert. Viele Pflanzen und Tiere wären verschwunden, weil ihnen durch wildwachsende Bäume und Sträucher der Lebensraum genommen worden wäre“, erklärt Dr. Axel Didion, wissenschaftlicher Begleiter des Projekts. Durch die maschinenfreie Beweidung werden der Schutz der wertvollen Offenlandbiotope und Feucht- und Nasswiesen, Schilfröhrichten sowie die Vielfalt der wertvollen Pflanzen- und Tierarten gesichert. Jetzt finden sich hier zum Beispiel wieder einige Vogelpaare wie der Neuntöter oder das Braunkehlchen und Pflanzen wie der Teufelsabbiss und die Wiesen-Schlüsselblume, die zuvor im Saarland verschwunden waren.
Dazu haben die Kooperationspartner im Jahr 2016 20 ha für die Beweidung mit den Highland-Rindern hergerichtet. „Im Saarland hat sich wieder einmal gezeigt, wie toll die Zusammenarbeit verschiedener Partner funktionieren kann“, lobt der Kurator der NLS, Roland Krämer. Die Mittelstadt St. Ingbert hat die Grundstückseigentümer recherchiert, Flächen bereitgestellt und für eine Anschubfinanzierung gesorgt. Die Naturlandstiftung Saar regelt die Rechts- und Verwaltungsaufgaben. Das Umweltministerium stellte eine Förderung bereit, und der Landwirt Edgar Sander verpflichtete sich zur ganzjährigen Beweidung mit den Schottischen Hochlandrindern. Nach seinem Tod übernahm sein Neffe Torsten Becker seine Aufgaben. Und schließlich kümmert sich der NABU St. Ingbert um die Überwachung der Fauna und Flora in diesem Gebiet.
„Wir sind froh, ein solch großartiges Biotop hier in St. Ingbert zu haben“, bestätigt Oberbürgermeister Dr. Ulli Meyer. „Die Kommunikation mit den Partnern funktioniert bestens. Das Ergebnis für den Naturschutz sehen wir hier beim Spazierengehen und auf dem Markt am Stand von Torsten Becker, der das Fleisch der Rinder verkauft.“ Davon ist auch Umweltminister Jost begeistert: „Eine Landschaft, die schmeckt – das gibt es vielleicht nur bei uns im Saarland!“